Nachrichten 2002
Artikel / Reportagen
"Hannover steht an der Seite bedrohter Kommunalpolitiker in
Kolumbien"

Hannover, 15.11.02 (Hannover Presse)
Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg hat am Donnerstagabend im
Rathaus eine Delegation kolumbianischer Kommunalpolitiker empfangen
und sich dabei für den Erhalt und die Stärkung demokratischer
Strukturen in dem südamerikanischen Land ausgesprochen. "Nicht
zuletzt wegen der jüngsten Gewaltwelle in Kolumbien müssen
Demokraten weltweit ein Zeichen setzen", sagte Schmalstieg.
Die Kolumbianer besuchen Europa mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit auf
die Gefährdung der Demokratie und eine Friedensinitiativen in ihrer
Heimat zu lenken. Nach offiziellen Zahlen werden rund 400 Bürgermeister
in Kolumbien von Guerillas und Paramilitärs bedroht. Die Gewalt
richtet sich ferner gegen Mitglieder von Stadt- und Gemeinderäten,
gegen Beamte und lokale Richter. Ein Teil der Delegation kommt aus dem
Department Cauca, wo seit Jahren an lokalen Friedensinitiativen gearbeitet
wird.
Die Gästedelegation wird vom Gouverneur des Departments Cauca,
Taita Flore Tunubalá, angeführt. Tunubalá ist der
erste gewählte Indianer in diesem Amt. Er wird unter anderem begleitet
von fünf Bürgermeistern aus verschiedenen Departments.
Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg erklärte, Hannover
stehe solidarisch an der Seite der Kommunalpolitiker, die sich gegen
Terror und Einschüchterung zur Wehr setzen. "Die bedrohten
demokratischen Strukturen in den kolumbianischen Städten müssen
erhalten bleiben. Die Bürgermeister müssen frei von Einschüchterungen
entscheiden können."
Die Gäste informierten den hannoverschen Oberbürgermeister
über ihren Appell, in dem es unter anderem heißt: "Wenn
frei gewählte Kommunalpolitiker an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben
gehindert und an Leib und Leben bedroht werden, dann ist nicht nur die
kommunale Demokratie in ihrem Bestand bedroht, dann ist die Demokratie
insgesamt in Gefahr".
Der Besuch der Kolumbianer hat durch die jüngste Entführung
des Präsidenten der lateinamerikanischen Bischofskonferenz, Erzbischof
Jorge Jiménez Carvajal, in der Region Cundinamarca eine besonders
tragische und aktuelle Brisanz erhalten.
In Hannover werden die Gäste von Klaus D. Richter, Bürgermeister
Barsinghausen, Reiner Bruchmann, Leiter der Deister-VHS, Thomas Künzel,
Ratsherr der Gemeinde Nienstädt und Ulrich Künzel, früherer
Kommunalberater in Cauca, betreut. Zur Erinnerung: Bruchmann, Thomas
Künzel und Ulrich Künzel wurden im am 18. Juli 2001 in Kolumbien
entführt. Erst am 11. Oktober 2001 konnten Bruchmann und Ulrich
Künzel befreit werden. Thomas Künzel konnte am 20. September
2001 fliehen.
Entführungen: Die Vergessenen
(auszugsw. Übersetzung eines Artikels aus dem kol. Wochenmagazin
SEMANA vom 21.10.02)
Auf unserer Website versuchen wir, interessierte Besucher mit dem Presse-Echo
auf Entführungen und auf Initiativen und Aktionen gegen Entführungen
bekannt zu machen. Meist stehen dabei Tagesereignisse und die Reaktionen
darauf im Vordergrund. Der nachfolgende, mit nur wenigen Kürzungen
gegenüber dem Original in deutscher Übersetzung wiedergegebene
Artikel aus dem kolumbianischen Wochenmagazin SEMANA bietet dagegen
eine umfassende Darstellung des Problems der Entführungen und seiner
Auswirkungen auf die kolumbianische Gesellschaft. Allen Besuchern der
Seite empfehle ich eine genaue Lektüre.
Ulrich Künzel
Zum
auszugsweise übersetzten Artikel (PDF-Datei)
Interview aus "SEMANA" vom 09.09.02
Interview mit Ulrich Künzel im kolumbianischen Wochenmagazin SEMANA
Original-Interview
(spanisch) deutsche Übersetzung (PDF-Datei)
Artikel aus "El Faro" vom 29.07.02
"El Faro" ist eine in El Salvador produzierte virtuelle Wochenzeitschrift.
Der Artikel ist in spanischer Sprache und befasst sich ausgiebig mit
der Preisverleihung der niedersächsischen Grünen an die Pitayo-Gemeinde,
sowie mit der Weiterentwicklung der Lage in Kolumbien im allgemeinen.
Zum
Artikel (PDF-Datei)
Interview der Zeitung "El Colombiano" (Medellin/Kol.)
mit Ulrich Künzel zum Jahrestag der Entführung
Zum
Interview (PDF-Datei)
Die kolumbianische Gemeinde Pitayo erhält Auszeichnung der
grünen Landtagsfraktion in Niedersachsen

Rebecca Harms überreicht den Scheck und die Urkunde
Zum fünften mal vergibt die niedersächsische Landtagsfraktion
der Grünen ihren GriBS-Preis (Grüne investieren in Bürgerengagement
und Solidarität).
Erstmals wurde in diesem Jahr ein "Sonder-GriBS-Preis" außerhalb
Niedersachsen verliehen. Er geht an die Bürgerinnen und Bürger
der kolumbianischen Gemeinde Pitayo (Cauca).
Am 18. Juni 2001 waren die Brüder Ulrich und Thomas Künzel
sowie ihr Freund Reiner Bruchmann in der Nähe der Stadt Silvia
von der FARC entführt und verschleppt worden.
Nachdem Thomas Künzel die Flucht gelungen war, halfen Bürgerinnen
und Bürger sowie Mitglieder der Indianerselbstverwaltung - trotz
erheblicher Gefahren für ihr eigenes Leben-, den Geflohenen in
ihr Gemeindebüro zu bringen. Dort schützte eine Versammlung,
die in kürzester Zeit auf an die hundert Menschen anschwoll, sein
Leben und seine Freiheit.
Am Jahrestag der Entführung überreichte die Fraktionsvorsitzende
der Landtagsgrünen Rebecca Harms nun den Sonderpreis an Thomas
Künzel. "Was die Menschen in Pitayo gemacht haben, war couragiert
- sie haben unter großer Gefahr für sich selbst einen Ausländer
aufgenommen und geschützt," erläuterte Harms. "Wir
wollen uns auf diesem Weg für die spontane Hilfe für unseren
grünen Freund bedanken."
Der Preis besteht aus einer Urkunde und einem Scheck über 500 EUR.
Die Grünen im Landkreis Schaumburg sammeln weitere Spenden für
Pitayo bis zum 31.07. 2002 unter dem Stichwort "Kolumbien".
Volksbank Stadthagen, Bankleitzahl 25590097, Kontonummer: 754 85 00.
Gerade im ländlichen Raum führen die Menschen in Kolumbien
einen verzweifelten Kampf darum, dass ihre Heimat nicht zum Kriegsschauplatz
bewaffneter Banden gemacht wird. Pitayo steht für viele Gemeinden.
Der Preis soll ein Beitrag sein, diesen Menschen Mut zu machen.
Tagung in Berlin am 02.07.02 zum Thema:
Kolumbien - Eine Nation auf der Suche nach ihrer
Zukunft
Gemeinsam von der Tageszeitung DIE WELT und der Botschaft Kolumbiens
veranstaltet fand am 2.7.02 in Berlin eine Tagung zu o.g. Thema statt.
Neben Wissenschaftlern, Vertretern von EU, Weltbank, Bundesregierung
und Nichtregierungsorganisationen nahmen auch der Vizepräsident
und Verteidigungsminister Kolumbiens sowie der Hohe Kommissar der Regierung
Kolumbiens für Frieden teil. Die jetzige Regierung Kolumbiens wird
noch bis zum 7. August im Amt sein, wenn Präsident Pastrana das
Amt an seinen gewählten Nachfolger Alvaro Uribe übergeben
wird. Man hatte daher hoffen können, die Regierungsvertreter würden
die Lage in Kolumbien und auch die Bilanz der Regierung Pastrana mit
etwas Distanz und vielleicht sogar Selbstkritik beschreiben, da Meinungsumfragen
oder Pressestimmen zur Tagung ja nicht mehr entscheidend für diese
Regierung sind. Vom Vizepräsidenten Gustavo Bell waren stattdessen
nur offizielle Statements zu hören, die eher an Regierungserklärungen
als an Diskussionsbeiträge für eine Tagung erinnerten. Friedenskommissar
Camilo Gomez erwähnte immerhin einige interessante Details über
den Verlauf und das schliessliche Scheitern der Friedensverhandlungen
mit der FARC. Interessanterweise wurde auch von der Tageszeitung "Junge
Welt" ein Interview mit Gomez geführt, das am 4.7.02 dort
veröffentlicht wurde.
Einige wesentliche Feststellungen aus der Tagung:
- Ein Guerillakrieg bedarf nach dem Ende der Lager des Kalten Krieges
in der Welt eines anderen als des ideologischen "Schmiermittels":
In Kolumbien der Drogen, in Sierra Leone der Diamanten
- Die unleugbaren krassen sozialen Unterschiede in Kolumbien rechtfertigen
nicht die Schlussfolgerung, sie hätten zwangsläufig zum Bürgerkrieg
führen müssen, obwohl sie sicher dazu beigetragen haben. Träfe
diese Feststellung zu, so müsste es in mehr als 50 Ländern
der Welt interne Kriege geben.
- Es ist für die kommenden 2-3 Jahre mit einer Verschärfung
der kriegerischen Auseinandersetzungen zu rechnen.
- Nur wenn Europa und die USA ihre Drogenpolitik in Richtung auf kontrollierte
Legalisierung umsteuern, kann mit nachhaltigen Friedensvereinbarungen
in Kolumbien gerechnet werden.
Artikel
in der "WELT" vom 03. Juli 2002 (PDF-Datei)
Artikel
in der "WELT" vom 04. Juli 2002 (PDF-Datei)
El Pais (Madrid) - 27. Juni 2002:
"Die Indianer, die der Guerilla widerstanden" - von José
Luis Barbería
auszugsweise
übersetzter Artikel (PDF-Datei)
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